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Author: Katrin Weinhandl, acib GmbH

Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig, das lernen wir schon von klein auf. Je natürlicher die Zutaten und je kürzer die Lieferketten, desto besser ist es für unsere Gesundheit und für die Umwelt. Trotzdem entwickelt sich in der Biotechnologie derzeit ein Trend zu Nahrungsmittelbestandteilen frisch aus dem Labor. Probiotika aus Darmbakterien, Geschmacksstoffe aus Hefepilzen oder künstliches Fleisch aus tierischen Zellkulturen – all diese Beispiele sind Thema im Forschungsalltag der industriellen Biotechnologie.
Klingt auf den ersten Blick sehr unappetitlich und keineswegs gesund! Ein schönes österreichisches Sprichwort dazu sagt, „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht“, und so stoßen die neuen Inhaltsstoffe und Ernährungskonzepte zum Teil auf große Skepsis. Ist diese Skepsis berechtigt? Von naturbelassenen Lebensmitteln ist das Pendant aus dem Labor ja weit weg.

Trendsetter Lebensmittel von der Laborbank

Zu allererst muss man der Sache auf den Grund gehen, woraus die Notwendigkeit für Lebensmittel aus dem Labor überhaupt entstanden ist. Zum einen ist mit der wachsenden Weltbevölkerung der Bedarf an Nahrungsmittel drastisch gestiegen. Bis 2050 werden vermutlich etwa 10 Milliarden Menschen auf der Erde leben, was traditionelle Herstellungsprozesse von Lebensmitteln an ihre Grenzen bringt. Außerdem entwickelt sich Landwirtschaft und Tierhaltung mit steigendem Bedarf zu einem echten Umweltproblem. Das betrifft übrigens weniger den kleinen Biobauern von nebenan, der seine Landwirtschaft für den Eigenbedarf betreibt. Das besagte Umweltproblem geht vor allem auf Massentierhaltung und steigende Landwirtschaftsflächen zurück, die Boden- und Wasserverschmutzung, Treibhausgasemissionen bzw. Entwaldung verursachen.

Gesund oder ungesund? Das ist hier die Frage!

Es muss also nach nachhaltigeren Alternativen geforscht werden, ohne dabei natürlich die Lebensmittelsicherheit zu gefährden. Was die wenigsten wissen: Nahrungsmittel aus dem Labor eröffnen die Möglichkeit, die Lebensmittelsicherheit sogar noch zu erhöhen, denn für diese Produkte kann sichergestellt werden, dass sie frei von Pestiziden, Antibiotika oder anderen Schadstoffen produziert worden sind. Gleichzeitig ermöglichen neue Ansätze im Food Design auch den Zusatz von speziellen Nährstoffen, die das Potenzial haben Mangelernährung zu reduzieren oder gesundheitliche Probleme zu lösen. Somit muss also ganz klar unterschieden werden zwischen synthetischen Lebensmitteln, die eher in mäßigem Ausmaß verzehrt werden sollten, und jenen die als „Novel Food“ eine Alternative bzw. Ergänzung zu herkömmlichen Lebensmittel bieten. Das für das jeweilige Produkt herauszufinden, ist aber bestimmt nicht ganz einfach.

Prüfungen und Zulassungsverfahren

Einer Sache kann man sich sicher sein: es kommt nichts auf unsere Teller, was nicht von den zuständigen Behörden umfassend geprüft worden ist. Es ist wichtig, die Sicherheitsfaktoren sowie ethische Fragen bei der Entwicklung von Labor-Nahrungsmittel ausreichend zu berücksichtigen. In Österreich ist die AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) für die Prüfung der Lebensmittelsicherheit nach Europäischen Standards zuständig. Gesundheitsschädliche Faktoren (krankmachende Keime, Schadstoffe aus der Umwelt, Pestizide, Arzneimittelrückstände, Gifte etc.) dürfen in den Analysen definierte Schwellenwerte nicht übersteigen, sonst dürfen die Produkte nicht verkauft werden. Neuartige Lebensmittel, also neue Zusatzstoffe oder neuartig hergestellte Lebensmittel, müssen erst eine Risikobewertung der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) durchlaufen, bevor sie auf dem Markt zugelassen werden.

Menüplan von morgen

Das oberste Ziel eines „Novel Food“ Ansatzes wird immer die nachhaltige Gesundheit der Gesellschaft in Zusammenhang mit einer reduzierten Umweltbelastung sein. Daher kann man sich auch guten Gewissens mal über einen Burger aus kultiviertem Fleisch oder Probiotika aus dem Reagenzglas trauen. Doch wie schon Paracelsus wusste: „Die Dosis macht das Gift“. Eine ausgewogene, vielseitige Ernährung bleibt nach wie vor das Beste für unsere Gesundheit, und es wird noch ein langer Weg für viele „Novel Food“ Ansätze, die auf aufgeschlossene Konsumenten angewiesen sein werden. Doch neugierig sind wir doch alle, stimmts?
Picture credits: Pixels (Mikhail Nilov)